Jahresbericht 2024 - Technische Hochschule Georg Agricola

Jahresbericht 2024 THGA gestaltet die Zukunft. Innovation und Weiterentwicklung.

Editorial „ Die THGA gestaltet Innovation durch praxisnahe Vernetzung mit der Wirtschaft – etwa in Abschlussarbeiten mit direktem Industriebezug, Forschungsprojekten wie dem DFG-geförderten Projekt zu ‚Eisenkonstruktionen der Industriekultur‘ sowie unserem praxisbegleitenden Studienmodell. Mit Virtual Reality und KI in der Lehre schaffen wir immersive Lernerfahrungen, um die zukünftigen Fachkräfte für zukunftsrelevante Themen zu qualifizieren. Als Impulsgeber im Ruhrgebiet treiben wir mit Partnern wie der RAG-Stiftung nachhaltige Transformation voran.“ „ Die THGA schafft Wissen – und Wissen ermöglicht Innovationen. Insofern ist die Hochschule ein bedeutender Standort für zukunftsweisende Ingenieurswissenschaften im Ruhrgebiet. Das gilt insbesondere für das Forschungszentrum Nachbergbau: Hier entwickelt ein interdisziplinäres Team wissenschaftliche Grundlagen zum nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Mit der Weiterentwicklung zum Transformationszentrum für Georessourcen und Ökologie entsteht ein ‚grüner Leuchtturm‘ für Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit. Ich bin davon überzeugt: Die gesamte Region wird von diesem exzellenten Wissenschaftsstandort profitieren.“ „ Das Forschungszentrum Nachbergbau entwickelt sich gegenwärtig zum Transformationszentrum für Georessourcen und Ökologie (TGÖ). Es wird damit zum zentralen Impulsgeber für einen nachhaltigen Umgang mit Georessourcen. Durch praxisorientierte Forschung entwickeln wir innovative Lösungen und gestalten mit gezieltem Wissenstransfer deren Umsetzung mit Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft.“ Präsidentin der Technischen Hochschule Georg Agricola PROF. SUSANNE LENGYEL Vorsitzende des Hochschulrats der Technischen Hochschule Georg Agricola und Mitglied des Vorstands der RAG-Stiftung BÄRBEL BERGERHOFF-WODOPIA Vizepräsident für das Forschungszentrum Nachbergbau PROF. DR. CHRISTIAN MELCHERS

„ Die Stärke von Ingenieurinnen und Ingenieuren liegt darin, dass sie nach einem gründlichen Verständnis der Probleme ihre Energie und Kreativität in die Entwicklung praktischer Lösungen für aktuelle und zukünftige Herausforderungen investieren. Die THGA betreibt ingenieurwissenschaftliche Studiengänge und Forschungsprojekte, um junge Menschen zu motivieren und zu befähigen, kreative technische Lösungen zu finden. Geschlecht, Nationalität, Religion oder soziale Herkunft spielen dabei keine Rolle. Das macht die THGA zum Impulsgeber für die Region.“ „ Unsere Hochschule versteht sich als Treiber von Innovation, Transformation und Wandel. Durch exzellente Forschung, praxisnahe Lehre und die enge Kooperation mit Wirtschaft, Politik und Gesellschaft geben wir Antworten auf die Fragen der Gegenwart und schaffen Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft. Wir investieren in neue Technologien, nachhaltige Konzepte und kreative Köpfe. Zudem fördern wir eine zukunftsorientierte Bildung durch innovative Lehrkonzepte, interdisziplinäre Studiengänge und die Integration digitaler Kompetenzen in alle Fachbereiche.“ „ Durch moderne Lehrmethoden und -inhalte kann die THGA die Bildung und Forschung nicht nur innerhalb der Hochschule stärken, sondern auch in der regionalen Wirtschaft. Zum Beispiel durch den Einsatz von Cuttingedge-Technologien, d. h. der Integration modernster Technologien in die Hochschullehre wie Augmented Reality (AR), künstliche Intelligenz (KI), Internet of Things (IoT) und Robotik. Diese Technologien tragen dazu bei, das Lernumfeld zu bereichern und die Studierenden auf zukünftige Technologietrends vorzubereiten.“ „ Als Vizepräsident für Forschung, Entwicklung und Transfer treiben wir an unserer Hochschule Innovation durch ein interdisziplinäres Forschungszentrum und Kooperationen mit der Industrie voran. Wir fördern Unternehmertum durch Gründungsförderung und unterstützen lebenslanges Lernen durch spezialisierte Weiterbildungsangebote. Durch internationale Vernetzung und die aktive Teilnahme an politischen sowie gesellschaftlichen Diskursen verstärken wir den Wissenstransfer und untermauern unsere Rolle als Impulsgeber für Wirtschaft und Gesellschaft.“ Vizepräsidentin für Haushalt und Verwaltung BEATRIX PROYER-POPELLA Vizepräsident für Hochschulentwicklung und den Wissenschaftsbereich I (Georessourcen und Verfahrenstechnik) PROF. DR. LUDGER RATTMANN Vizepräsident für Forschung, Entwicklung und Transfer und den Wissenschaftsbereich II (Maschinenbau und Materialwissenschaften) Vizepräsident für Studium und Lehre und den Wissenschaftsbereich III (Elektro-/Informationstechnik und Wirtschaftsingenieurwesen) PROF. DR. MICHAEL PRANGE PROF. DR. MICHAEL BENDRAT 03 EDITORIAL 02

Editorial 02 Wissenschaftsbereich I 06 Georessourcen und Verfahrenstechnik Zahlen und Fakten zur THGA 14 Wissenschaftsbereich II 16 Maschinenbau und Materialwissenschaften Gremien 24 Nachhaltigkeit an der THGA 25 Wissenschaftsbereich III 26 Elektro-/Informationstechnik und Wirtschaftsingenieurwesen Forschungszentrum Nachbergbau 32 Highlights 40 Preise und Auszeichnungen 45 Schlusswort 46 Impressum 47 Inhalt INHALT 05 04

Wissenschaftler:innen und Forscher:innen an der THGA untersuchen die nachhaltige Beschaffung und Verarbeitung von Ressourcen. Der Grundsatz der Nachhaltigkeit steht im Zentrum ihrer Arbeit und umfasst den gesamten Prozess der Wertschöpfung, von der Erforschung der Lagerstätten bis hin zu umweltschonenden Abbauverfahren und der Bewältigung von Bergbaufolgen. Unsere Studierenden setzen sich in den verschiedenen Studiengängen intensiv mit diesen Themen auseinander und arbeiten mit Industriepartnern zusammen, um innovative Lösungen zu entwickeln. STUDIENGÄNGE BACHELOR: - Geotechnik und Angewandte Geologie, Bau- und Umweltgeotechnik - Rohstoffingenieurwesen und nachhaltiges Ressourcenmanagement - Verfahrenstechnik - Vermessungswesen STUDIENGÄNGE MASTER: - Geoingenieurwesen und Nachbergbau - Mineral Resource and Process Engineering 631 Studierende sind auf die unterschiedlichen Studiengänge im Bachelor und Master verteilt. Hiervon sind 148 Frauen. Der Anteil ausländischer Studierender im WB I liegt bei 24 Prozent. Insgesamt studieren 263 in Vollzeit und 368 in Teilzeit im WB I. Leiter des WB I und Vizepräsident für Hochschulentwicklung Georessourcen und Verfahrenstechnik PROF. DR. LUDGER RATTMANN STUDIENGÄNGE STUDIERENDE WB I WB I 07 06

Das Programm FIT@THGA unterstützt internationale Talente auf ihrem Weg durch das Studium und in den deutschen Arbeitsmarkt. Mit einer DAADFörderung von 1,2 Millionen Euro wird die Integration und Beschäftigungsfähigkeit der Studierenden gestärkt. K napp ein Drittel der Studierenden an der THGA hat einen internationalen Hintergrund. Ihre Herausforderungen auf dem akademischen, aber auch beruflichen Weg unterscheiden sich dabei durchaus von deutschen Studierenden. Um ihnen den Zugang zur Hochschule zu erleichtern, den Studienerfolg zu steigern und die Beschäftigungsfähigkeit zu fördern, bietet die THGA nun noch gezieltere Maßnahmen an. Möglich macht es eine DAADFörderung in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Prof. Ludger Rattmann, Vizepräsident für Hochschulentwicklung, freut sich über die Förderung: „Alle sprechen von Fachkräftemangel. Durch das Programm FIT@ THGA können wir da gezielt ansetzen und den internationalen Studierenden nicht nur an der Hochschule helfen, sondern auch ihren Berufseinstieg erleichtern.“ ZIELE UND UMSETZUNG Konkret möchte die THGA internationale Studieninteressierte für ein Ingenieurstudium begeistern und sie entlang des gesamten Student Life Cycles begleiten, damit sie es erfolgreich abschließen. Zudem wird großer Wert daraufgelegt, die Beschäftigungsfähigkeit der interBrücke zwischen Hochschule und Arbeitsmarkt nationalen Studierenden zu stärken und Übergangsstrukturen für den Berufseinstieg zu schaffen. Projektkoordinatorin Sarah Zouari betont: „Durch FIT@THGA schaffen wir nicht nur eine Brücke zwischen Hochschule und Unternehmen, sondern auch eine Plattform für den Austausch von Ideen und Erfahrungen.“ Diese enge Vernetzung mit regionalen Unternehmen ist entscheidend, um den Übergang internationaler Talente in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. MAßNAHMEN UND ZIELGRUPPEN Das Projekt umfasst ein breites Spektrum an Maßnahmen, von studienbegleitenden Sprachkursen auf A-Niveau und studienvorbereitenden Intensivsprachkursen auf C1-Niveau bis hin zu Workshops zur interkulturellen Kompetenz und einem umfassenden Beratungs- und Betreuungssystem, das sowohl in Präsenz als auch digital arbeitet. Die Zielgruppe des Projekts sind internationale Studieninteressierte FIT@THGA DAS FIT@THGA-TEAM gemeinsam mit den ersten Teilnehmenden des Projekts

Die THGA am Puls der Zeit – auch bei Studienangeboten: Seit dem Wintersemester 2024/25 gibt es die 4-Tage-Studienwoche für die Vollzeitstudiengänge Rohstoffingenieurwesen und nachhaltiges Ressourcenmanagement, Geotechnik und Angewandte Geologie, Verfahrenstechnik sowie Maschinenbau. Die Einführung der 4-Tage-Studienwoche ermöglicht es den Studierenden, ihr Studium flexibler zu gestalten. Damit ist die THGA die erste Bildungseinrichtung in Deutschland, die ihren Studierenden diese Möglichkeit bietet. „Ein Tag frei ist nicht nur im Job und bei Azubis angesagt. Ein Tag frei ist auch im Studium möglich“, betont Prof. Dr. Ludger Rattmann, Vizepräsident für Hochschulentwicklung. „Durch die 4-Tage-Studienwoche können angehende Studierende Job, Familie und eigene Projekte besser planen und miteinander in Einklang bringen.“ Alle zugelassenen Bewerber:innen, die sich für die Studiengänge Rohstoffingenieurwesen und nachhaltiges Ressourcenmanagement, Geotechnik und Angewandte Geologie, Verfahrenstechnik oder Maschinenbau einschreiben, werden automatisch ins 4-Tage-Studium starten. Dies trägt nicht nur zur Flexibilität der Studierenden bei, sondern hat auch positive Auswirkungen auf die Umweltbilanz, da weniger Pendeln und Anreisen notwendig sind. Im Maschinenbau gilt die 4-Tage-Woche zudem auch für bereits eingeschriebene Studierende. Wie wird das 4-Tage-Studium möglich? Die Studierenden erhalten einen kompakteren Stundenplan, der es ihnen ermöglicht, ihre Semesterwochenstunden in vier Tagen zu absolvieren, ohne dabei an Qualität oder Umfang des Studiums einzubüßen. Trotz eines Tages weniger in der Woche bleibt der Workload gleich, sodass die Studierenden weiterhin innerhalb von sechs Semestern ihr Studium erfolgreich abschließen können. Des Weiteren bietet der Teilzeitstudiengang Maschinenbau eine 3-Tage-Woche an. „Wir führen Onlineveranstaltungen durch, wodurch ein digitaler Anteil von 50 Prozent erreicht wird. So gewähren wir den Studierenden noch mehr Flexibilität“, erklärt Robin Budde, Fachstudienberater im Studiengang Maschinenbau. Die THGA setzt mit der Einführung der 4-Tage-Studienwoche ein klares Zeichen für innovative Bildungskonzepte und Flexibilität im Hochschulwesen. und Studierende in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen. Um diese aktiv einzubinden, bietet die THGA Programme wie BuddySysteme, die die soziale und akademische Integration erleichtern, sowie Beratung auf Deutsch und Englisch. Der Career Service führt Seminare und Workshops rund um das Thema Bewerbungsberatung sowie zur deutschen Arbeitskultur durch. LANGFRISTIGE PERSPEKTIVEN UND STUDENTISCHE SICHT Um die Nachhaltigkeit des Projekts zu sichern, werden die erarbeiteten Inhalte und Strukturen in die regulären Abläufe der THGA integriert. Die enge Verzahnung über den Expert:innenrat wird zusätzlich durch städtische Stakeholder gestützt. Im Hinblick auf die Erwartungen sind die Studierenden sehr klar: Nyun Than Thar Lwin, die seit knapp einem halben Jahr in Deutschland ist, berichtet: „Ich wünsche mir, durch das Programm in direkten Kontakt mit Firmen zu kommen.“ Viktoria Jabli, die zu Beginn ihres Studiums Schwierigkeiten hatte, alles zu organisieren, ist überzeugt, dass neue internationale Studierende von der Vorbereitung und Begleitung profitieren werden: „Prüfungen, Lernplattform und Stundenplan – vieles Organisatorische war neu für mich. Mehr Infos und Unterstützung sind hier wichtig, um sich schneller den Studieninhalten widmen zu können und den Einstieg in Praktika zu erleichtern.“ 4-Tage-Woche bei vollem Studium! Studiere smart Mehr Informationen zum Programm FIT@ THGA finden Sie hier. Artikel zur 4-Tage-Woche finden Sie hier. ZUR WEBSITE WESTFALENSPIEGEL DEUTSCHLANDFUNK NOVA RADIO BOCHUM WB I 09 08

Isabella Risini ist seit Juni 2024 Professorin für Recht für ausgewählte Rechtsgebiete der Ingenieurstudiengänge an der THGA mit den Schwerpunkten Bergrecht und Europarecht. Im Interview gewährt sie uns Einblicke in ihren Werdegang sowie ihre Ziele an der Hochschule. Wie erleben Sie die ersten Monate an der THGA? Mein Einstieg war ausgesprochen herzlich, viele Namen fallen mir hierzu ein. Besonders dankbar bin ich meinem Mentor, Sebastian Janßen, sowie Ludger Rattmann und Fabian Schemmer, die mir den Start erleichtert haben. Das erste Semester Lehre an der THGA war buchstäblich lehrreich für mich und dabei persönlich bereichernd. Und die Aussicht aus meinem Büro im dritten Stock ist einfach fabelhaft! Wie war Ihr Weg bisher? Ich habe Rechtswissenschaften an der Universität Augsburg studiert und währenddessen meinen Master of Laws (LL. M.) am Chicago-Kent College of Law absolviert. Besonders prägend war meine Teilnahme am Jessup Moot Court, einer Simulation eines großen gerichtlichen Verfahrens. Die Erfahrung begleitet mich bis heute als Lehrende und Richterin. Nach meinem zweijährigen Referendariat im OLG-Bezirk München, inRecht, Nachhaltigkeit und Lehre im Wandel klusive einer Station im Auswärtigen Amt, am Verwaltungsgericht Augsburg und der Staatsanwaltschaft Kempten promovierte ich an der Ruhr-Universität Bochum. Praktische Erfahrungen sammelte ich als Anwältin, Gutachterin und am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Warum haben Sie sich jetzt für die THGA entschieden? Ich suchte Offenheit und die Möglichkeit, verschiedene Interessen zu verbinden. Der Zusammenhang von Recht, Politik und Wirtschaft reizt mich sehr. Der Umgang mit Sprache ist für mich ebenfalls ein Leitmotiv, ebenso wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. All das bietet mir die THGA. In welchem Fachbereich sind Sie tätig und was sind Ihre Forschungsschwerpunkte? I ch lehre in allen Wissenschaftsbereichen Grundlagen des Rechts, daneben Verwaltungs- und Umweltrecht. Im WB I, an dem ich angesiedelt bin, vertiefe ich das Bergrecht. Forschungsseitig arbeite ich an einer Kommentierung der UN-Charta zu den Sustainable Development Goals sowie einem Gutachten für das Bundesministerium der Justiz zur Umsetzung des KlimaseniorinnenEin Gespräch mit PROF. DR. ISABELLA RISINI Isabella Risini engagiert sich auch im Verfassungsblog. Mehr dazu lesen Sie hier: ZUM BLOG

Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Zudem beschäftige ich mich mit KI-gestützter Fallanalyse am Europäischen Gerichtshof zusammen mit einem Team von der Technischen Universität München. In Kürze gebe ich ein Buch zur digitalen Massenüberwachung unter dem Titel „Eyes Everywhere“ heraus. Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Lehrtätigkeit gesetzt? Ich möchte den Austausch zwischen technischen Disziplinen und der Juristerei fördern und ein Verständnis für juristische Fragestellungen schaffen. Besonders wichtig ist mir auch die Förderung weiblicher Nachwuchskräfte. Und wie erreichen Sie das? Mein Lehrstil basiert auf der socratic method: interaktiv, praxisnah und kritisch. Ich lege Wert auf Diskussionen, Raum für Fehler sowie Respekt und Wertschätzung. Jede:r Studierende bringt individuelle Stärken mit – das möchte ich fördern. Wie sehen Sie die Rolle der THGA in der deutschen Hochschullandschaft? Und speziell hier in NRW? Die THGA kann praxisnahe Lösungen für Herausforderungen wie nachhaltiges Wirtschaften entwickeln. Mit ihrem Fokus auf Ingenieur- und Naturwissenschaften ist sie gut positioniert, um zur klimaneutralen Zukunft beizutragen. In NRW sehe ich sie als Treiberin des Strukturwandels – durch Forschung und Lehre mit Nachhaltigkeitsfokus. Was möchten Sie den Studierenden der THGA mit auf den Weg geben? Ich möchte sie zu einer fragend-kritischen Haltung ermutigen und ihr Interesse an gesellschaftlichen Dimensionen ihrer späteren Tätigkeit wecken. Zielkonflikte erfordern Umsicht und die Fähigkeit zum Abwägen – unsere Studierenden sind auf dem besten Weg, verantwortungsbewusste Fachkräfte zu werden. Abseits von Forschung und Lehre: Haben Sie Hobbys oder Interessen? Ich bin gerne mit dem E-Bike unterwegs, verbringe viel Zeit mit meinen zwei Kindern draußen, koche gerne und lese viel – besonders die Süddeutsche Zeitung am Wochenende. Welchen Rat würden Sie jungen Wissenschaftler:innen geben, die eine akademische Karriere anstreben? Folgen Sie Ihren Interessen, wagen Sie Neues und vertiefen Sie Ihre Stärken. Bilden Sie Netzwerke mit menschlichem Fokus – und sagen Sie auch mal Nein. Was wünschen Sie sich persönlich für Ihre Zukunft an der THGA? Ich wünsche mir eine inspirierende Arbeitsumgebung mit produktivem Austausch sowie Möglichkeiten zur Weiterentwicklung. Langfristig möchte ich dazu beitragen, die Attraktivität der THGA als akademische Institution zu steigern. ISABELLA RISINI: Sie befähigt kommende Ingenieur:innen, über den technischen Teller- rand zu schauen. 11 WB I 10

40 Meter unter München entsteht die 2. S-Bahn- Stammstrecke – ein Mammutprojekt, bei dem Mensch und Maschine gegen die Naturgewalten arbeiten. THGA-Alumnus Michael Kolb ist mittendrin. MÜNCHEN. Die 2. Stammstrecke entlastet Münchens S-Bahn. Der 10 km lange Tunnel mit drei Stationen soll ab 2037 den Nahverkehr effizienter und zuverlässiger machen. Mensch & Maschine gegen Naturgewalten M itten im Herzen Münchens entsteht eines der bedeutendsten Infrastrukturprojekte Deutschlands: die 2. S-BahnStammstrecke. Einer der Köpfe dahinter: Michael Kolb, Alumnus der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA). Als Bau- und Projektleiter von Hölscher Wasserbau ist er Teil dieses Megaprojektes. Seine Arbeit verbindet technologische Innovation, Nachhaltigkeit und interdisziplinäre Zusammenarbeit – und gibt uns einen spannenden Einblick in die Herausforderungen und Chancen moderner Ingenieurskunst. UNTER DER ERDE 40 Meter unter den belebten Straßen Münchens, wo täglich Tausende Menschen ihrem Alltag nachgehen, erstreckt sich eine Welt, die kaum jemand zu Gesicht bekommt. Hier, im Verborgenen, formt sich die 2. S-Bahn-Stammstrecke. Es Blick auf die Baustelle per Webcam. ZUR WEBCAM

BLICK VON OBEN auf die Baustelle eines der größten Infrastrukturprojekte Deutschlands MEILENSTEIN FÜR NACHHALTIGES BAUEN Ein zentrales Element des Projekts ist die Integration modernster Technologien und nachhaltiger Ansätze. Künstliche Intelligenz hilft dabei, riesige Datenmengen zu analysieren und präventive Maßnahmen einzuleiten. Besonders stolz ist der THGAAlumnus auf den nachhaltigen Umkunde oder Bauverfahren wurden auch Betriebswirtschaftslehre, Rechtsgrundlagen sowie Chemie und Physik gelehrt. „Diese interdisziplinären Kenntnisse helfen mir heute, schneller und fundierter Entscheidungen zu treffen.“ Besonders auf einer Baustelle dieser Größenordnung und mit derart geologischen, technischen und organisatorischen Herausforderungen zahlt sich dieses breite Wissen aus. Doch das Studium bot nicht nur fachliche Kompetenzen. Es half Kolb auch, seine beruflichen Interessen zu schärfen: „Ich konnte in verschiedene Fachrichtungen hineinschnuppern und herausfinden, welche Bereiche mich besonders interessieren.“ Ein weiterer unschätzbarer Vorteil: das Netzwerk, das er während seiner Studienzeit aufbauen konnte. „Der Kontakt zur THGA sowie zu vielen Absolventinnen und Absolventen ist bis heute von großem Wert – sowohl beruflich als auch privat.“ EIN RAT AN DIE NÄCHSTE GENERATION Für angehende Ingenieurinnen und Ingenieure hat Kolb einen klaren Tipp: „Nach dem Studium ist vor dem Studium – man lernt jeden Tag etwas Neues.“ Er empfiehlt jungen Talenten zudem, internationale Erfahrungen zu sammeln: „Die Zeit im Ausland hat mein Handeln nachhaltig geprägt.“ ist ein Ort, an dem Mensch und Maschine gegen die Naturgewalten kämpfen – gegen wechselnde Erdschichten aus Sand, Ton und Schluff und gegen das stetig drängende Grundwasser. „Es ist, als würde man in einem riesigen Sandkasten arbeiten, der ständig versucht, sich selbst wieder aufzufüllen“, beschreibt Michael Kolb die geologischen Herausforderungen. Die Baustelle gleicht einer gigantischen unterirdischen Werkstatt. Tunnelbohrmaschinen wühlen sich durch das Erdreich, während in anderen Abschnitten die Spritzbetonbauweise zum Einsatz kommt. „In besonders schwierigen Bereichen arbeiten wir sogar unter Druckluftbedingungen“, erklärt Kolb. „Das ist wie Tauchen ohne Wasser – eine faszinierende, aber auch technisch anspruchsvolle Aufgabe.“ Um diese Herausforderungen zu meistern, setzt das Team von Hölscher Wasserbau auf modernste Technologien und präzise Planung. Doch trotz aller Technik bleibt der Münchner Untergrund ein unberechenbarer Gegner. „Jeder Tag bringt neue Überraschungen. Das macht unsere Arbeit so spannend und herausfordernd zugleich.“ Der Alltag auf der Baustelle ist dabei geprägt von interdisziplinärer Zusammenarbeit: „Jeden Morgen starten wir mit einer Einsatzbesprechung, in der die Tagesziele festgelegt werden.“ Die Aufgaben reichen von Brunnenbohrungen über Wartungsarbeiten bis hin zur Datenanalyse. Dabei arbeiten Bauleitung, technische Fachkräfte und Datenexperten Hand in Hand. MICHAEL KOLBS Arbeit an der 2. S-Bahn-Stammstrecke zeigt eindrucksvoll, wie technisches Know-how, Innovationsgeist und Nachhaltigkeit zusammenwirken können, um eines der größten Infrastrukturprojekte Deutschlands erfolgreich voranzutreiben – ein inspirierendes Beispiel für alle Studierenden der THGA! Das ist wie Tauchen ohne Wasser – eine faszinierende, aber auch technisch anspruchsvolle Aufgabe. « MICHAEL KOLB gang mit Wasser: „Das geförderte Wasser wird nicht einfach abgeleitet, sondern über Schluckbrunnen zurückgeführt, sodass wir eine Wiedereinleitungsquote von über 99 Prozent erreichen.“ Dieser Ansatz unterstützt den natürlichen Wasserkreislauf und bringt das Team von Hölscher Wasserbau dem Ziel der Wasserneutralität näher – ein Meilenstein für nachhaltiges Bauen. DIE THGA ALS FUNDAMENT Seine Studienzeit an der THGA sieht Kolb als entscheidenden Baustein seiner Karriere: „Das breit gefächerte Lehrprogramm hat mir ein umfassendes Verständnis für die Zusammenhänge auf einer Baustelle vermittelt.“ Neben fachspezifischen Themen wie VermessungsDie Projektkennzahlen von Hölscher Wasserbau: ZUR WEBSITE 13 WB I 12

Zahlen und Fakten Wer studiert an der THGA, wie viele Mitarbeitende hat die Hochschule und welche Nationen kommen auf unserem internationalen Campus zusammen – die THGA hinter der Fassade. STUDIERENDE INSGESAMT* EINSCHREIBUNGEN Erst- und Neueinschreibungen insgesamt Bachelor Master 1. FS 1. HS Bachelor Vollzeit Teilzeit Praxisbegleitend Studierende in den Wissenschaftsbereichen Anteil weiblicher Einschreibungen Anteil ausländischer Einschreibungen 235 41 263 177 175 94 7 17,75 % 38,4 % Studienart Bachelorstudierende Masterstudierende Vollzeit Teilzeit Praxisbegleitendes Studium Promotion am Promotionskolleg Abschlussprüfung im Ausland Studierende in den Wissenschaftsbereichen Studierende in WB I Studierende in WB II Studierende in WB III Anteil weiblicher Studierender Anteil ausländischer Studierender 1.591 554 1.247 889 9 7 2 631 630 893 18,8 % 36,5 % *Die Gesamtzahl ergibt sich aus den Vollzeit-, Teilzeit- und praxisbegleitenden Studierenden.

STUDIERENDE NACH HERKUNFT INSGESAMT Neben aus Deutschland stammenden Studierenden kamen so viele Studierende im Wintersemester 2024/25 aus anderen Ländern: Arabische Republik Syrien 179 Kamerun 141 Marokko 136 Indien 46 Türkei 36 Tunesien 36 Iran 34 Pakistan 22 Guinea 19 Andere Länder 137 1.368 THGA BESCHÄFTIGTE Zum Stand Dezember 2024 waren an der THGA beschäftigt (in Köpfen): Bei den Beschäftigten (alle Mitarbeiterkreise einschl. Auszubildende) lag die Frauenquote (gemessen in FTE) bei 40% und ging damit im Vergleich zum Vorjahr etwas zurück (VJ 42%). Im Präsidium lag der Anteil von Frauen bei 33%, im Hochschulrat bei rund 56%. Die Anzahl an Professorinnen/ Professoren sank zum Vorjahr um eine Person. Die Anzahl an wissenschaftlichen und sonstigen Beschäftigten (vorher 158) sank im Jahr 2024 um 3,2%, was vor allem auf einen Rückgang im FZN zurückgeht (-5). Die Einnahmen der THGA belaufen sich im Jahr 2024 auf rund 26,157 Mio. Euro. Darin enthalten sind unter anderem: EINNAHMEN DER THGA IM JAHR 2024 Professorinnen Professoren Lehrkräfte für besondere Aufgaben wissenschaftliche und sonstige Mitarbeitende geringfügig Beschäftigte studentische Hilfskräfte/ Tutoren 11 Auszubildende 153 13 34 3 82 Qualitätsverbesserungsmittel des Landes NRW 1,076 Mio. ¤ Vermietungen und Dienstleistungen 31.000 ¤ Einnahmen aus dem entgeltpflichtigen Betriebssicherheitsmanagement sowie aus Drittmitteln, Spenden, sonstigen Zuwendungen und sonstigen Zweitmitteln 3,265 Mio. ¤ Mio. ¤ Einnahmen Forschungszentrum Nachbergbau 2,411 Mio. ¤ Hochschulpaktmittel des Landes NRW 2,043 Mio. ¤ 15 ZAHLEN UND FAKTEN AN DER THGA 14

WB II Es ist heutzutage entscheidend, Ressourcen sowohl ökonomisch als auch ökologisch sorgsam zu behandeln. Angesichts der großen Themen wie der Energiewende und stetig steigenden Kosten für Rohstoffe können aktuelle Standards nur aufrechterhalten werden, wenn Materialien und Energie äußerst effizient genutzt werden. Aus diesem Grund forscht die THGA nicht nur an der Entwicklung von Werkstoffen und ihrer effizienten Nutzung in der Produktion, sondern auch an Recyclingverfahren. STUDIENGÄNGE BACHELOR: - Angewandte Materialwissenschaften - Maschinenbau STUDIENGÄNGE MASTER: - Maschinenbau - Material Engineering and Industrial Heritage Conservation (MEIHC) 630 Studierende sind auf die unterschiedlichen Studiengänge im Bachelor und Master verteilt. Hiervon sind 75 Frauen. Der Anteil ausländischer Studierender im WB II liegt bei 37 Prozent. Insgesamt studieren 386 in Vollzeit, 240 in Teilzeit und 4 Studierende im praxisbegleitenden Studium im WB II. Maschinenbau und Materialwissenschaften Leiter des WB II und Vizepräsident für Forschung, Entwicklung und Transfer PROF. DR. MICHAEL PRANGE STUDIENGÄNGE STUDIERENDE 17 WB II 16

Von der Studentin zur Professorin

Praktisch arbeiten, sich international ausrichten und Chancen ermöglichen – das ist Nicole Lefort in ihrem Job besonders wichtig. Als Professorin und Studiengangsleiterin des englischen Masterstudiengangs MEIHC an der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) hat die 40-Jährige eine beeindruckende akademische Laufbahn hingelegt. Was Mexiko damit zu tun hat und warum eine besonders schwierige Klausur ihren beruflichen Weg ebnete, erzählt sie hier. S chon früh hatte Nicole Lefort Spaß an Technik und naturwissenschaftlichen Fächern. Entsprechend leicht fiel ihr nach dem Abitur die Wahl ihres Studiengangs Maschinenbau. Doch es war nicht nur der Studiengang, der sie ansprach und an die Technische Hochschule Georg Agricola (THGA) brachte. „Der neu eingeführte Bachelorstudiengang wirkte auf mich so international, das hat mich sofort fasziniert. Denn das gab es damals noch nicht überall“, erzählt sie. Nicht nur aus beruflichen Gründen wollte sie ihr Studium zügig abzuschließen – denn es war ihr Ziel, nach Mexiko auszuwandern, wo sie während eines Schüleraustauschs ihren heutigen Ehemann kennengelernt hatte. Auch die praxisnahe Ausrichtung des Studiums überzeugte sie sofort: „Sechs Monate Praktikum waren erforderlich, und die Professor:innen arbeiteten sehr nah an der Praxis.“ Im Wintersemester 2004/05 begann Lefort ihren Bachelor in Maschinenbau. Der Einstieg war nicht immer leicht: Beispielsweise stellte sie das Fach Werkstofftechnik vor Herausforderungen. „Nach den Klausuren, die eine hohe Durchfallquote hatten, war es eine riesige Erleichterung, wenn man im ersten Durchgang bestanden hatte.“ Und ausgerechnet hier entdeckte sie ihre Leidenschaft, das Forschen: Ihre Bachelorarbeit zur Schadensanalyse wurde zum Wendepunkt ihrer Karriere. „Diese Arbeit war der Auslöser für viele weitere Entwicklungen in meiner Karriere.“ VON DER WISSENSCHAFT- LICHEN MITARBEITERIN ZUR DOKTORANDIN Nach ihrem Bachelor entschied sich Lefort für einen berufsbegleitenden Master und arbeitete parallel als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der THGA – eine Kombination, die ihr zahlreiche Chancen eröffnete. Auf Anregung ihres damaligen Professors wagte sie schließlich den nächsten großen Schritt: Statt nach Mexiko ging es in die Industrie zu Turbomaschinenhersteller MAN Diesel & Turbo SE (heute MAN Energy Solutions) im Ruhrgebiet, um dort in Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum zu promovieren. „Ich wollte unbedingt in die Industrie und konnte als Werkstoffingenieurin arbeiten, das war aber sehr zeitintensiv“, so Lefort, die dennoch mit einer halben Stelle auch der THGA treu blieb. Eine intensive Zeit, nicht nur wissenschaftlich, sondern auch privat. Denn während ihrer Promotion bekam sie zwei Kinder. Ihre Doktorarbeit schloss sie dennoch erfolgreich ab. PROFESSORIN MIT HERZ UND ENGAGEMENT 2018 ergab sich schließlich die Chance, als Lehrkraft an ihrer Alma Mater einzusteigen – ein Moment, der ihre Karriere auf die nächste Ebene hob. Drei Jahre später übernahm sie eine Professur und ein Jahr später die Leitung des englischsprachigen MasterstudienFORSCHEN ist für sie nicht nur ein Beruf, es ist auch eine Leidenschaft, die sie seit jeher begleitet. 19 WB II 18

gangs Material Engineering and Industrial Heritage Conservation (MEIHC). „Es ist spannend, einen so internationalen Studiengang zu leiten, weil die Studierenden so vielfältig sind und man jeden anders motivieren muss. „Die deutschsprachigen Bachelorstudierenden haben zum Beispiel oft Sorgen wegen der englischen Sprache, aber diese sind meist unbegründet. Internationale Studierende müssen sich dagegen erst einmal in Deutschland einfinden und bringen auch ganz andere Erfahrungen aus dem Studium und zu Arbeitsweisen mit.“ Neben ihrer Lehrtätigkeit engagiert sich Lefort zudem leidenschaftlich für die Förderung junger Talente – insbesondere von Studierenden aus Nichtakademiker-Familien. Sie selbst ist ebenfalls die erste Akademikerin in ihrer Familie gewesen und möchte deshalb die neue Studierendengeneration unterstützen. Im Rahmen eines Stipendiums der Deutschen Hochschulstiftung begleitet sie eine Studentin bis zum Bachelorabschluss und setzt sich dafür ein, mehr Frauen in der Forschung sichtbar zu machen: „Es ist mir wichtig, junge Frauen zu unterstützen. Ich versuche, auch weibliche Gastvortragende einzuladen und generell mehr Frauen in unserem Bereich zu zeigen.“ DEN WISSENSAUSTAUSCH VORANTREIBEN Im Rahmen ihrer Schwerpunktprofessur im Projekt Prof@THGA widmet sie sich intensiv der internationalen Vernetzung und Weiterentwicklung der Materialforschung im Bereich der Industrial Heritage Conservation. Ziel ist es, innovative Ansätze zur Erhaltung des industriellen Kulturerbes zu fördern und den Wissensaustausch auf globaler Ebene voranzutreiben. Bereits jetzt sind Veröffentlichungen sowie Präsentationen auf internationalen Tagungen in Planung, um die Forschungsergebnisse einem breiten Fachpublikum zugänglich zu machen. Zudem wurde ein entsprechender Forschungsantrag mit ihrer Mitwirkung eingereicht, um die wissenschaftliche Arbeit in diesem zukunftsweisenden Feld weiter zu stärken und neue Impulse für die Praxis zu setzen. PRAXISNÄHE UND CAMPUSLEBEN ALS HERZENSANGELEGENHEIT Trotz ihrer beeindruckenden akademischen Laufbahn hat Lefort nie den Bezug zur Praxis verloren: Noch heute arbeitet sie im Labor an Schadensanalysen für mittelständische Unternehmen und bringt diese Erfahrungen direkt in ihre Lehrveranstaltungen ein. „Wir bringen immer Hands-on-Beispiele mit, damit die Studierenden gut arbeiten können.“ Auch das Campusleben hat Nicole Lefort nachhaltig geprägt: Von Kickerturnieren bis hin zu Weihnachtsfeiern – diese Erlebnisse bleiben ihr in bester Erinnerung. „Diese familiäre Verbindung untereinander, jeder kennt jeden, das macht die THGA zu etwas ganz Besonderem.“ Unvergessen ist natürlich auch ihr Sieg beim Kickerturnier gegen mehrere Kommiliton:innen. „Den Preis, ein T-Shirt in XL-Größe, habe ich leider nicht mehr“, schmunzelt sie. EIN KLEINER RÜCKBLICK ins Jahr 2008, Prof. Nicole Lefort damals noch als Masterstudentin an der THGA Es ist mir wichtig, junge Frauen zu unterstützen. Ich versuche, auch weibliche Gastvortragende einzuladen und generell mehr Frauen in unserem Bereich zu zeigen. « NICOLE LEFORT

DIE DREI NEUEN SCHWERPUNKTPROFESSOR:INNEN (v. l. n. r.): Prof. Peter Frank, Prof. Nicole Lefort und Prof. Sebastian Janßen Prof@THGA steht für strategische Personalentwicklung, innovative Lehre und starke Partnerschaften. Das Jahr 2024 war für die Technische Hochschule Georg Agricola (THGA) geprägt von Aufbruch und Weiterentwicklung. Mit gezielten Berufungen, neuen Kooperationen und frischen Projekten hat die Hochschule wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Besonders bedeutsam: die Förderung von Diversität, die Stärkung der Lehre und der Ausbau des Technologietransfers. AKADEMISCHE PERSONALENTWICKLUNG Mit Prof. Isabella Risini konnte ein neues Gesicht für die Rechtsprofessur für Ingenieurstudiengänge gewonnen und willkommen geheißen werden. Sie wird sich um die Lehre im Bereich Bergrecht, Energierecht und Europarecht kümmern (siehe Interview Seite 9). Zum Jahresbeginn 2025 tritt außerdem Prof. Dr. Lara Wiesche ihre Professur im Wissenschaftsbereich Elektro-/Informationstechnik und Wirtschaftsingenieurwesen an. In Szene gesetzt werden konnte die THGA in Imagefilmen, die im Rahmen des Projekts Prof@THGA produziert wurden. Sie zeigen, wie attraktiv die THGA als Arbeitgeberin ist. Gedreht wurde dabei ausschließlich mit unseren Mitarbeitenden und Alumni, um einen ehrlichen Einblick in den Hochschulalltag zu geben. Impulse für die Zukunft „Die Filme sind ein Baustein auf dem Weg, den bevorstehenden Generationswechsel an der Hochschule zu gestalten“, erklärt Judith Heimeier, Projektleiterin von Prof@THGA. Dazu gehört auch die erfolgreiche Einführung von Schwerpunktprofessuren. Die Auswertung der ersten Förderrunde zeigt überwiegend positive Ergebnisse, beispielsweise bei der Entwicklung innovativer Lernverfahren und der stärkeren Einbindung weiblicher Lehrkräfte. TRANSFER UND KOOPERATIONEN Im Bereich des Wissens- und Technologietransfers konnten neue Kooperationen mit der Industrie angestoßen und intensiviert werden. Dazu gehören der Aufbau von Postdoc-Tandem-Kooperationen mit der enaDyne GmbH und SNAP DISCOVERY AG sowie die Gründung eines NRW-weiten Netzwerks der FH-Personal-Projekte. CHANCENGLEICHHEIT UND DIVERSITÄT „Wir haben uns der Förderung von Chancengleichheit und Diversität verschrieben und wurden erneut mit dem TOTAL E-QUALITY-Prädikat ausgezeichnet“, zeigt sich Heimeier stolz. Um den Frauenanteil in der Professorenschaft und im wissenschaftlichen Bereich weiter zu erhöhen, wurde gezielt auf Förderung, Sensibilisierung und Netzwerkbildung gesetzt. Ein Highlight wird die Konferenz „SheEngage: Networking und Karrierechancen“ im April 2025 sein, die sich an Frauen in Wissenschaft und Technik richtet. ZIELE FÜR 2025 Für das kommende Jahr wurden zudem ambitionierte Ziele gesetzt, insbesondere in den Bereichen Forschung, Lehre und Gewinnung neuer Talente. So sollen etwa mithilfe von Prof@THGA die Zusammenarbeit mit Industrie und Wissenschaft weiter ausgebaut und interdisziplinäre Forschungsprojekte gefördert werden. Mehr Informationen finden Sie in unserem Imagefilm „So Nah“. 1:00 21 WB II 20

Wie ein innovatives KI-gestütztes System industrielle Denkmäler erhält. Ein Erbe für die Ewigkeit

F ördertürme, Hochöfen und Halden: Der industrielle Steinkohleabbau und die Stahlerzeugung des späten 19. Jahrhunderts formten das Ruhrgebiet mit ihren riesigen Industriekomplexen und machten es zum größten Ballungsraum Europas. Auch wenn die meisten der Fixpunkte jener Zeit mittlerweile stillgelegt wurden, gelten sie immer noch als identitätsstiftende Landmarken. Ein herausragendes Beispiel: die Zeche Zollverein in Essen, die 2001 sogar zum UNESCO-Welterbe ernannt wurde. GEZIELTE PFLEGE Doch die Industrieanlagen waren nie für eine dauerhafte Existenz konzipiert, nie als Denkmäler vorgesehen. Sie waren schon während ihres Betriebs Verschleiß und Korrosion ausgesetzt. Nach der Stilllegung änderten sich die Bedingungen, was zu neuen konservatorischen Herausforderungen führte. Um die Industriekomplexe zu erhalten, benötigt es nicht nur leistungsfähige Methoden, um den Zustand zu überwachen, sondern auch eine gezielte Pflege. Doch Informationen über bestimmte Objekte zu sammeln und dabei bestimmte Maßnahmen zu beachten, kostete bisher viel Zeit und Mühe. Es gab noch keine umfassende und gezielte Bewertung des Zustands dieser Objekte. Außerdem fehlt es an einer Überprüfung der Strategien, die man nutzen könnte, um die Industriekomplexe zu erhalten. 380.000 EURO DFG-FÖRDERUNG Das soll sich unter der Arbeit der Forschenden der Technischen Hochschule Georg Agricola ändern: Sie entwickeln derzeit ein sensorgestütztes und datengetriebenes System zur Zustandserfassung. Helfen soll dabei auch künstliche Intelligenz (KI). Denn das neue Verfahren kombiniert KI-Technologie mit wissenschaftlichen Methoden, um Schäden an historischen Bauwerken frühzeitig zu erkennen und zu bewerten. „Damit wollen wir vorausschauende Strategien zur Erhaltung unseres kulturellen Erbes entwickeln und deren Wirksamkeit überprüfen“, erklärt Nick Donner, Projektmitarbeiter des mit fast 380.000 Euro (THGA-Anteil) von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsprojektes. „Die Einwerbung des allerersten DFG-Projekts macht uns besonders stolz, da dies ein bedeutender Meilenstein für die Hochschule ist. Die DFG stellt höchste Anforderungen an wissenschaftliche Exzellenz – ihr kompetitives Begutachtungsverfahren unterstreicht die Qualität des Projekts. Dieser Erfolg belegt die Forschungskompetenz der THGA und ihre Anschlussfähigkeit an die Spitzenforschung“, sagt Prof. Michael Prange, Vizepräsident für Forschung, Entwicklung und Transfer. Dieses zukunftsweisende Projekt wird in enger Zu- sammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Werkstoffprüftechnik der Technischen Universität Dortmund und der Stiftung Zollverein im Rahmen des „Schwerpunktprogramms 2255: Kulturerbe Konstruktion“ durchgeführt. IHRE ERHALTUNG spielt eine zentrale Rolle bei diesem Projekt. DIE KOKEREI ZOLLVEREIN ist das industrielle Denkmal des Ruhrgebiets. 23 WB II 22

DERZEITIGES PRÄSIDIUM (SEIT DEM 1.9.2023) Professorin Susanne Lengyel Präsidentin Beatrix Proyer-Popella Vizepräsidentin für Haushalt und Verwaltung Professor Dr. Ludger Rattmann Vizepräsident für Hochschulentwicklung sowie den Wissenschaftsbereich I Professor Dr. Michael Prange Vizepräsident für Forschung, Entwicklung und Transfer sowie den Wissenschaftsbereich II Professor Dr. Michael Bendrat Vizepräsident für Studium und Lehre sowie den Wissenschaftsbereich III Professor Dr. Christian Melchers Vizepräsident für das Forschungszentrum Nachbergbau DERZEITIGE ANGEHÖRIGE DES HOCHSCHULRATS Bärbel Bergerhoff-Wodopia Vorsitzende, Vorstandsmitglied der RAG-Stiftung Birgit Biermann Mitglied im geschäftsführenden Hauptvorstand der IG BCE Heinrich Böckelühr Regierungspräsident des Bezirks Arnsberg Sabine Diehr Bundesministerium für Bildung und Forschung Carina Gödecke Stellvertretende Präsidentin des Landtags NRW a. D. Professorin Dr. Sunhild Kleingärtner Direktorin des Deutschen Bergbau-Museums Bochum und Mitglied der Geschäftsführung der DMT-Gesellschaft für Lehre und Bildung mbh Professor Dr. Oliver Langefeld Institut für Bergbau, Technische Universität Clausthal Peter Schrimpf Vorstandsvorsitzender RAG Aktiengesellschaft Ulrich Wessel Mitglied der Geschäftsführung der DMTGesellschaft für Lehre und Bildung mbH STIMMBERECHTIGTE ANGEHÖRIGE DES SENATS Professorinnen und Professoren: Professor Dr. Dirk Brakensiek Elektro- / Informationstechnik und Wirtschaftsingenieurwesen Professor Dr. Stephan Pilz Georessourcen und Verfahrenstechnik Professor Dr. Robin Wegge Maschinenbau und Materialwissenschaften Wissenschaftliche Mitarbeitende: Robin Budde M. Eng., Maschinenbau und Materialwissenschaften Roland Joosten M. Eng., Georessourcen und Verfahrenstechnik Bastian von Gruchalla M. Eng., Elektro- und Informationstechnik Mitarbeitende aus Technik und Verwaltung: Silvia Deubner Studierendenservice Dr. Benedikt Gräfingholt Hochschulentwicklung Lucine Harutyunyan Zentrale Studienberatung Studierende: Iez Alden Alalean Princilia Mekemgou Bediang Daniel Schlarp Geleitet und nach außen vertreten wird die Hochschule von einem Präsidium, dem eine Präsidentin oder ein Präsident vorsitzt. Der Präsidentin bzw. dem Präsident obliegen die wirtschaftliche Verwaltung der THGA und die Personalverantwortung, die teilweise – wie auch die Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten sowie das Hausrecht – auf die Vizepräsidentin/den Vizepräsidenten für Haushalt und Verwaltung übertragen werden kann. Die akademischen Vizepräsidentinnen und -präsidenten sind für die ihnen zugeordneten Sachgebiete und Wissenschaftsbereiche beziehungsweise das Forschungszentrum Nachbergbau zuständig. Gemeinsam entwickelt das Präsidium unter anderem die Hochschulstrategie und legt Maßnahmen zur Stärkung der THGA im Wettbewerb fest. Dabei würdigt es die Stellungnahmen des Hochschulrats und des Senats. Der ehrenamtlich tätige Hochschulrat berät das Präsidium hinsichtlich der Aufstellung der Wirtschaftsplanung der TH, kann Stellungnahmen zum Wirtschaftsplan sowie zur Finanzierung der Entwicklung der THGA abgeben und fördert die regionale Einbindung der Hochschule und den Transfer zwischen THGA, Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft. Der Senat setzt sich aus gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Professorenschaft, der wissenschaftlichen Mitarbeitenden, der Beschäftigten aus Technik und Verwaltung sowie der Studierenden zusammen – und zwar gruppenparitätisch. Er spricht unter anderem Empfehlungen und Stellungnahmen zu Forschung, Lehre und Studium aus und berät zu Themen wie Digitalisierung, Internationalisierung oder Hochschulentwicklung. Außerdem hat das Gremium unter anderem Impulse für den Hochschulentwicklungsplan gegeben und neue Berufungsverfahren für Professuren auf den Weg gebracht. Die Sitzungen des Senats sind in der Regel öffentlich, in diesem Jahr fanden sie erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie wieder in Präsenz statt. Gremien PRÄSIDIUM HOCHSCHULRAT SENAT GREMIEN

Nachhaltigkeit an der THGA N achhaltigkeit ist auch an der THGA ein präsentes Thema, das als Daueraufgabe in alle Bereiche des Hochschulalltags einfließt und immer mehr Bedeutung bekommt. Darum finden Sie hier eine Auswahl unseres Engagements für Nachhaltigkeit, die nicht nur Forschung und Wissenschaft betrifft. Partizipieren und sich austauschen, das steht im Fokus der Ringvorlesung „Gemeinsam Nachhaltig“, die die Nachhaltigkeitsallianz für angewandte Wissenschaften NRW (NAW.NRW) im Jahr 2022 ins Leben gerufen hat. Die THGA hat sich dort mit Prof. Ludger Rattmann und seinem Vortrag „Wie viel Bergbau braucht der Mensch? Am Beispiel Kupfer“ beteiligt. Ludger Rattmann diskutierte mit den Teilnehmenden die technischen, ökologischen und ökonomischen Aspekte der Kupfergewinnung. Dabei ging er auf aktuelle Entwicklungen in der Bergbauindustrie ein und zeigte mögliche Alternativen zur traditionellen Kupfergewinnung auf. VERBRAUCHSZAHLEN DER THGA IN DEN JAHREN: 2024 2023 2022 Ökostrom Fernwärme Wasser Ökostrom Fernwärme Wasser Ökostrom Fernwärme Wasser 1.131,364 MWh 1.106,629 MWh 1.052,984 MWh 2.031,879 MWh 2.031,879 MWh 2.141,634 MWh 2.278 m3 2.998 m3 3.330 m3 Mehr Informationen zur Ringvorlesung finden Sie hier. ZUM VIDEO 25 NACHHALTIGKEIT AN DER THGA 24

WB III Die THGA fokussiert sich im Bereich Elektro- und Informationstechnik auf Themen wie Energieeffizienz, Gebäudemanagement, intelligente Netze und Robotik. Industrie 4.0 stellt höhere Anforderungen an Flexibilität, Automatisierung und Datensicherheit in der Produktion. Wirtschaftsingenieurwesen kombiniert technisches und betriebswirtschaftliches Wissen zur Optimierung von Prozessen, Effizienzsteigerung und Strategieentwicklung, was die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen stärkt. STUDIENGÄNGE BACHELOR: - Elektrotechnik - Informationstechnik und Digitalisierung - Wirtschaftsingenieurwesen MASTER: - Betriebssicherheitsmanagement - Elektro- und Informationstechnik - Wirtschaftsingenieurwesen 893 Studierende sind auf die unterschiedlichen Studiengänge im Bachelor und Master verteilt. Hiervon sind 182 Frauen. Der Anteil ausländischer Studierender im WB III liegt bei 45 Prozent. Insgesamt studieren 607 in Vollzeit, 281 in Teilzeit und 5 im praxisbegleitenden Studium im WB III. Elektro- / Informationstechnik und Wirtschaftsingenieurwesen STUDIENGÄNGE STUDIERENDE Leiter des WB III und Vizepräsident für Studium und Lehre PROF. DR. MICHAEL BENDRAT 27 WB III 26

Zwischen Industrie, Forschung und Lehre – ein Weg zur Professur Das Tandemmodell ist ein möglicher Weg zur Professur. Er verbindet Industrie und Hochschule. Sebastian Wilczek gewährt einen Einblick. S ebastian Wilczek verfolgt ein ambitioniertes Ziel: Er möchte Professor an der THGA werden, idealerweise mit dem Schwerpunkt auf nachhaltige Systeme. Um diesem Ziel näherzukommen, nutzt er seit April/Mai 2024 eine Tandemlösung – ein Modell der Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Industrie, das den Wissenstransfer fördert. Dieses Projekt wird im Rahmen des BMBF-Programms „FH-Personal“ durch den Projektträger Jülich (PtJ) unterstützt – ein innovatives Modell, das eine enge Zusammenarbeit zwischen der Hochschule und der Industrie fördert. Dabei teilt er seine Arbeitszeit gleichmäßig zwischen der Hochschule und dem Leipziger Unternehmen enaDyne GmbH auf. WISSENSCHAFT TRIFFT PRAXIS Whiteboard befüllen, Theorie erklären und Klausuren bewerten einerseits, ingenieurwissenschaftliche Konzepte mit Nachhaltigkeitsaspekten verknüpfen und praxisnahe Anwendungen in die Lehre integrieren andererseits. Sebastian Wilczek teilt seine Woche zwischen seinem Lehrauftrag an der THGA und seiner Tätigkeit SEBASTIAN WILCZEK ist auf dem Weg zu einer Professur. DAS-Sonderpreis für Nachhaltigkeit geht an Sebastian Wilczek und das Team von enaDyne: WEITERE INFOS

bei enaDyne als Experte für Modellierungen und Simulationen im Bereich CO2-Recycling auf. Seine Aufgaben beim Leipziger Start-up: Technologien entwickeln, die CO2 in nützliche Moleküle umwandeln – ein Prozess, der nicht nur ingenieurstechnisch anspruchsvoll ist, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten kann. Der 39-Jährige genießt sein „Doppelleben“: „Es ist zwar viel Aufwand, Lehre, Forschung und den Job in Leipzig unter einen Hut zu bekommen, aber es klappt gut und macht mir vor allem auch viel Freude“, erklärt Wilczek. Einmal im Monat reist er für drei Tage nach Leipzig, ansonsten arbeitet er remote. „Dieses Programm ermöglicht es mir, praxisorientiertes Wissen zu erwerben und gleichzeitig meine akademische Karriere voranzutreiben.“ Auch seine Lehrveranstaltungen profitieren davon: Seine Forschungsergebnisse und Erfahrungen aus der Industrie fließen direkt in die Lehre ein. So vermittelt er seinen Studierenden nicht nur technisches Wissen, sondern begeistert sie auch für die interdisziplinären Herausforderungen der Ingenieurwissenschaften im Bereich Nachhaltigkeit. NACHHALTIGKEIT ALS BERUFLICHE VISION Wilczeks Weg an die THGA begann 2021 mit einem Lehrauftrag für das Fach Systemtheorie. Bereits ein Jahr später wurde er zum besten externen Lehrenden gewählt – ein Beweis für seine Leidenschaft und Kompetenz in der Lehre. Doch nicht nur diese liegt ihm am Herzen: Nach seiner Promotion im Bereich Plasmatechnik in der Halbleitertechnologie 2020 entschied er sich für einen thematischen Wechsel hin zur Nachhaltigkeit. „Ich will aktiv an Lösungen zur Bewältigung der Klimakrise arbeiten.“ Mit seiner Arbeit bei enaDyne trägt er dazu bei. Hier entwickelt er innovative Technologien, die CO2 nachhaltig recyceln können – etwa durch das Plasmakatalyseverfahren, das erneuerbare Brennstoffe und grüne Chemikalien ermöglicht. Nach Abschluss des dreijährigen Tandemprojekts strebt Wilczek eine Professur an der THGA an, um langfristig zukünftige Ingenieure auszubilden, die durch innovative Lösungen und nachhaltiges Denken einen positiven Einfluss auf die Welt haben. Es ist zwar viel Aufwand, Lehre, Forschung und den Job in Leipzig unter einen Hut zu bekommen, aber es klappt gut und macht mir vor allem auch viel Freude. « SEBASTIAN WILCZEK PLASMASTREAMER ionisieren durch Hochspannung das Gasgemisch, spalten CO₂-Moleküle auf und ermöglichen die Umwandlung in erneuerbare Brennstoffe wie Methan oder Methanol. 29 WB III 28

Wie lassen sich trockene Vorlesungsinhalte in ein spannendes, interaktives Erlebnis verwandeln? Professor Björn Keune hat dafür erste Ideen getestet, inspiriert von Thesen der Gamification. Mit einer Virtual-RealitySimulation, die den Aufbau eines DIY-Elektromotors erlebbar macht, bringt er frischen Wind in die Lehre. Virtuelle Realität trifft Elektrotechnik: Lernen neu gedacht

Frage, wie die 3D-Modelle in die VR-Umgebung importiert werden können. Hierbei war es wichtig, das richtige Dateiformat zu finden und sicherzustellen, dass die Objekte in der virtuellen Welt korrekt zusammengesetzt bleiben. INTERAKTIVE FUNKTIONEN In der virtuellen Umgebung können sich Studierende mithilfe der Controller frei bewegen – allerdings durch Teleportation, da physisches Umherlaufen im Vorlesungssaal nicht möglich ist. „Es ist etwas gewöhnungsbedürftig im ersten Moment, aber es macht Spaß und ist eine neue Erfahrung“, so einer der ElektrotechnikStudierenden. Zusätzlich gibt es virtuelle Knöpfe, die durch eine simulierte Handinteraktion bedient werden können. Diese ermöglichen es beispielsweise, den Motor zu starten, zu stoppen oder seine Geschwindigkeit zu regulieren. Die Bedienung fühlt sich dabei fast so real an wie bei physischen Knöpfen. „Durch die interaktive Gestaltung wird nicht nur die Vorlesung spannender gemacht, sondern auch das Verständnis für Technik gefördert“, so Keune. ERSTE EINDRÜCKE UND ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN Auf den ersten Praxiseinsatz Anfang 2025 folgten positive Rückmeldungen – auch aus dem Kollegium. Die Simulation wird als erfrischende Alternative zum klassischen Frontalunterricht wahrgenommen. Es gibt ein großes Potenzial für die Integration von VRTechnologie in technische Studiengänge. Besonders bei kleineren Projekten wie dem DIY-Elektromotor kann diese Technologie effektiv eingesetzt werden. Allerdings weist Keune darauf hin, dass größere Projekte aufgrund des hohen Ressourcenaufwands nicht ohne Unterstützung in die schnelle Umsetzung gebracht werden können. Mit Projekten wie diesem zeigt die THGA eindrucksvoll, wie moderne Technologien perspektivisch genutzt werden können, um Lehre zukunftsorientiert und praxisnah zu gestalten. M it jedem neuen Semester das gleiche Muster: Anfangs sind die Vorlesungen noch gut besucht, doch im Laufe der Zeit und mit Blick auf die Klausurphase leeren sich die Reihen spürbar. Prof. Keune möchte das ändern und suchte nach Wegen, die Vorlesungen spannender und interaktiver zu gestalten. Die zündende Idee: Do-it-Yourself-Projekte (DIY), um den Frontalunterricht aufzulockern. Schließlich entschied er sich unter anderem dafür, Virtual-RealityBrillen (VR) einzusetzen – eine innovative Möglichkeit, um beispielsweise den Aufbau eines Elektromotors lebendig und greifbar zu vermitteln. „Wir wollen die Studierenden mitnehmen und sie stärker in die Vorlesung einbinden. Die Meta Quest 3 ist dabei ein erster Versuch“, erklärt Keune. DIE VORTEILE DER META QUEST 3 IN DER LEHRE Der Einsatz der VR-Brille Meta Quest 3 biete dabei zahlreiche Vorteile gegenüber traditionellen Lehrmethoden. Durch die immersive Darstellung können Informationen interaktiv und visuell ansprechend vermittelt werden. „In der entwickelten Simulation werden zum Beispiel die einzelnen Komponenten des Elektromotors mit ihren technischen Daten dargestellt“, so Til Struckamp, studentische Hilfskraft von Prof. Keune, der mit der praktischen Umsetzung der VR-Simulation beauftragt wurde. Diese neue Lehrform soll es den Studierenden ermöglichen, die Inhalte besser aufzunehmen, als es durch überladene Vorlesungsfolien möglich wäre. Denn VR-Technologie, so die Hoffnung, motiviert durch die aktive Einbindung und fördert so das Interesse und die Interaktion. DER ENTWICKLUNGSPROZESS Die Entwicklung der VR-Simulation erfolgte auf Basis von Unreal Engine, einer leistungsstarken Plattform zur Erstellung virtueller Welten. Zunächst wurden eine virtuelle Umgebung gestaltet und die Funktionalitäten der Objekte programmiert. Anschließend wurde das Projekt exportiert und mit einem Tool von Meta auf die VR-­ Brille geladen. Dabei traten jedoch einige Herausforderungen auf: „Es mussten spezielle Plug-ins installiert und korrekt konfiguriert werden, um eine geeignete Datei für die Brille zu erstellen“, erklärt Struckamp. Zudem stellte sich die INTERAKTIVE LEHRE kommt bei den Studierenden gut an. 31 WB III 30

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